"Ohne Subventionen geht es nicht"

Liste nennt EU-Agrar-Subventionsempfänger in Salzgitter – Gespräch mit Kreislandwirt Martin Bosse.     Von Martin Ochmann

Ohne Subventionen von der EU könnten die meisten Landwirte nicht überleben. Das sagt Kreislandwirt Martin Bosse (49) im Gespräch mit der SZ.

Das Thema EU-Subventionen hatte wieder für Aufregung gesorgt, nachdem Deutschland die Namen der Subventionsempfänger veröffentlicht hatte. Von einer "Neiddebatte" und "äußerst ärgerlichen Veröffentlichung" sprachen Vertreter von Landwirtschaftsverbänden. Bosse sieht das wesentlich gelassener: "Ich habe nichts gegen die Veröffentlichung. Das sind öffentliche Gelder, jeder hat das Recht, darüber Bescheid zu wissen."

Auch Bosse bekommt Geld, 46 602 Euro und 29 Cent waren es im Jahr 2008. "Ich kann das durch meine Arbeit rechtfertigen", so Bosse. "Und wer es wirklich wissen wollte, hätte es auch vorher herausfinden können. Er hätte in die Verordnung geguckt, gesehen, aha, der Bosse hat 120 Hektar, der kriegt soundso viel." Dass diese Subventionen massiv kritisiert werden, versteht der Landwirt, zumal es tatsächlich Förderungen gebe, die nur schwer zu vermitteln seien. "Es gibt Punkte, da wird berechtigt gesagt, derjenige braucht nicht so viel oder das ist Unsinn", sagt Bosse.

Aber: Er sieht keine Alternative zu diesem System. "Es ist sehr, sehr schwierig, daran etwas zu ändern, ohne das ganze System zu Kippen", so der 49-Jährige. Man könne die Zahlungen stärker an Auflagen koppeln, zum Beispiel den Arbeitsplatzerhalt oder auch die Entwicklung des ländlichen Raums oder der Natur. "Aber ohne die Zahlungen könnten wir nicht überleben, ohne Subventionen geht es nicht", sagt der Kreislandwirt.

Skepsis gegen Gentechnik

Pech gehabt, so funktioniert der Markt, könnte man sagen. Warum sollen für Landwirte andere Regeln als die in der Wirtschaft üblichen gelten? "Es ist riskant, das Spiel theoretischer Volkswirtschaftler auf die Landwirtschaft zu übertragen", meint Bosse. Denn wenn man die Höfe den Gesetzen des Marktes opfern würde, würde mehr verloren gehen als Arbeitsplätze. "Wenn einmal das Wissen der Landwirte weggebrochen ist, kriegen wir das nicht so schnell wieder", so Bosse. Einer Kuh müsse man ansehen können, ob sie Fieber hat, bei einem Acker müsse man fühlen können, ob man ihn beackern kann oder nicht. Und auch eine ehemals landwirtschaftlich genutzte Fläche, die man aus der Produktion rausnimmt, sei nicht so schnell zu reaktivieren. Die Stilllegung von Flächen sei aber die Konsequenz, sollte die EU die Flächenprämien nicht mehr auszahlen. "Die ganze Region würde verbuschen", meint Bosse.

Der Kreislandwirt gibt einen weiteren Punkt zu bedenken: "Die Weltbevölkerung wächst jährlich um 70 Millionen Menschen." Und die müssten alle ernährt werden. "Angesichts dessen dürfen wir einen so zukunftsträchtigen Wirtschaftszweig nicht einfach fallen lassen", sagt der 49-Jährige. Wie steht er vor diesem Hintergrund dem Thema Gentechnik gegenüber? "Konservativ und vorsichtig", sagt Bosse. "Wenn etwas schief geht, können wir das Rad nicht zurückdrehen."

Bosse spricht sich dagegen aus, gentechnisch verändertes Saatgut im freien Ackerbau einzusetzen. "Dann kann es sich ungehindert verbreiten. Und wer seinen Acker frei von Gentechnik bestellen will, kann dann nicht mehr garantieren, dass er frei davon ist."

Scheinheilige Diskussion

Gut findet es Bosse hingegen, dass in Nordassel Hühnermastanlagen entstehen sollen. "Wir kaufen Hähnchenmist aus Vechta, dafür fahren wir Getreide dorthin. Da ist es doch besser, in der Region so eine Anlage zu haben, die zudem noch gut ins Ökosystem passt", meint der Kreislandwirt. Der Hühnermist sei nicht gesundheitsschädlich.

"Sicher, er riecht manchmal, so ist das bei natürlichen Produkten. Man kann auch Triplephosphat aus Algerien importieren. Das riecht nicht. Aber da weiß man auch nicht, wie es hergestellt wird. Von daher finde ich die Diskussion teilweise auch ziemlich scheinheilig", so Bosse.

 

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Donnerstag, 16.07.2009
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