Wat de Lüe sek in Berel vertellt hät
Was die Leute in Berel sich erzählt haben
Damit
diese Seite nicht zu lange Ladezeiten hat,
sind die Geschichten ihren
Zeiträumen zugeordnet.
(Stand 06.12.2024 137 DIN A4
Seiten)
Zeitraum | ||
1345 - 1899 | 150 Kurzgeschichten | 650 k |
1900 - 1945 | 116 Kurzgeschichten | 394 k |
1945 - 2004 | 95 Kurzgeschichten | 318 k |
Ein Holzanteil als Sühne für
den Pastor in Söhlde
1540 – 1568 Wilhelm Kaune, Ahstedt
um 1970 in (Hildesheimer Allgemeine Zeitung oder Land und Forst) veröffentlicht
Einleitung:
Wer auf dem alten West-Ost-Handelswege der heutigen
Bundesstrasse 1, von Hildesheim nach Braunschweig oder in umgekehrter Richtung fährt,
mag auf der Höhe des Messeberges zwischen Feldbergen und Hoheneggelsen wohl
anhalten und kurze Rast machen. Im ganzen Harzvorlande gibt es keine Stelle, die
solch reiche Aussicht nach allen Seiten bietet., wie diese. Ich möchte heute
den Blick nur nach Süden und Südosten lenken. Dort liegen hart an der
Hannoversch-Braunschweigischen Landesgrenze drei Gehölze. Die beiden kleinsten
sind das „Bettrumer und das Himstedter Lah“, während jenseits der Grenze
das weitaus größere das „Berel Ries“ ist.
Das letztere birgt einen reichen Bestand allerbester Eichen in sich, die in solcher Güte und Schönheit in keinem anderen Walde weit und breit zu finden sind. Eifersüchtig wacht das Braunschweigische Dorf Berel seit jeher darüber, dass kein Auswärtiger in den Besitz eines Anteiles des Rieses kommt. Und doch hat es sich vor etlichen Hundert Jahren zugetragen, dass Berel ein Holzteil an die Pfarre des Hildesheimer Dorfes Söhlde abgeben musste.
Geschichtliche Einordnung:
Das ist damals gewesen, als nach der blutigen Stiftsfehde
das Amt Steinbrück, zu dem auch Söhlde gehörte, unter die Botmäßigkeit der
Herzöge von Braunschweig kam. Im Kirchenbuche und vor allem in der mündlichen
Überlieferung lebt die Begebenheit so fort: Das Pastor von Söhlde musste
damals das weitaus kleinere Dorf Berel kirchlich mit betreuen. Die Wege an der
alten Landesgrenze waren im schlechten Zustande, bei Regenwetter geradezu
grundlos. Der Pastor musste also den beschwerlichen Weg durch das Reis oft zu
Pferde zurücklegen. Um durch möglichst wenig Gepäck gehindert zu sein, ließ
er seinen schwarzen Chorrock in der Sakristei der Kirche zu Berel hängen.
Dieser Mantel gab den Anlass zu der Abgabe des wertvollen Holzteils an die Söhlder
Pfarre.
Der Spaß fängt an:
An einem grauen Herbsttage feierte ein Bauer in Berel Schlachtfest, „Worstegraffte“ sagte unsere Alten, was gleich bedeutend mit „Schweinebegräbnis“ ist. Bei dieser Gelegenheit war der lustigen Gesellschaft wohl der „Sluck“ (Branntwein) in den Kopf gestiegen. Ihnen „prickelte der Hafer“! Einer der Hauptwortführer machte den Vorschlag: Woi wüllt das Swoin richtig begraven! Ik hole die Grafterede, un joi möt singen! Jey halst en Pastur soinen Mantel iut`n Kerken!“ ( Wir wollen das Schwein richtig begraben! Ich hole die Grabrede, und ihr müsst singen. Du holst den Pastoren Mantel aus der Kirche!“)
Da keiner widersprach, sondern alle einen Bärenspaß erwarteten, ging er zum Küster und bat diesen um den Kirchenschlüssel. „Wat wutt diu denn noch sau späte inner Kerken maken?“. Fragte dieser. Der andere gab irgend einen Grund an, mit dem der Küster sich zufrieden gab. Er gab ihm den Schlüssel. Aver wierbringen!“ mahnte er noch, und nun nahm die Gesichte ihren Lauf. Mit Chorrock und Barrett des Pastors ausstaffiert, hielt der Missetäter eine derbe Grabrede auf das tote Schwein, während der Chor der anderen Sterbe- und Begräbnislieder dazu gröhlte.
Das frevele Treiben blieb nicht lange verborgen. Die
Teilnehmer selbst sorgten in ihrem Übermut selbst dafür, dass die
Swoinegraffte“ in den Mund der Leute kam.
Die Reue macht sich breit.
Es dauerte auch nicht lange, und der Pastor in Söhlde wusste auch
darum. Er schickte eine geharnischte Botschaft nach Berel und drohte mit der
hohen Obrigkeit.
Die Missetäter hielten miteinander Rat und kamen in ihrer Not überein, geschlossen nach Söhlde zu gehen und vor dem Pastor buße zu tun. So marschierten sie denn Tags darauf los und traten mit wahren Armensündermienen vor den zürnenden Seelsorger, der ihnen zur Begrüßung eine donnernde Strafpredigt hielt. Mit herzbewegenden Worten baten sie den Pfarrherrn, ihnen doch zu verzeihen und um des Himmelswillen nichts den Amtsmännern von Salder oder Lichtenberg davon zu melden. Da sie nun alle so reumütig Besserung gelobten, sagte der Pfarrherr schließlich: „Giut, ik will jich nich int Vardarven störten, aver sau ganz ohne wat gaiht düt ok nicht aff!“ („ Gut, ich will euch nicht ins Verderben stürzen, aber so ganz ohne Strafe geht das auch nicht ab!“)
Darob wurden die von Berel heilfroh. Ihr Obmann verneigte sich tief und sagte: „ Herr Pastur! Dat hät woi ok all sau dacht. Wo ist et denne, wenn woi far ewige Tioten an die Parre von Söhle en Holtdeil von iusen Roise affgevet?“ („Wie ist es denn, wenn wir für ewige Zeiten an die Pfarre in Söhlde einen Holzteil von unserem Ries abgeben?“)
„Hm! Da leite sik woll over küren!“ meinte der Pastor. Sie wurden sich auf dieser Basis denn auch einig. So kam die Söhlder Pfarre in den Besitz eines kostbaren Holzanteiles vom „Berel Ries“, und bis zum heutigen Tage nennt man in Söhlde dieses Anteil des Chormantels wegen „Dat Mandeldeil!“
Im Handumdrehen war der Talar aus der Kirche gestohlen
Die frechsten Knechte wurden dazu befohlen.
Der Narrenzug formiert sich, im Talar voran,
unter der Maske des Teufels ein junger Mann.
Doch mit den Obrigkeitsmächten ist ein solcher Bund
Nicht zu flechten – und das Unglück schreitet schnell.
Von der Kanzel donnert der Söhlder Pastor:
„Auf die Knie, ihr Verfluchten, und beichtet mir,
wer zu solcher Tat euch erkor.“ –
Aber, was sie auch forschten, was sie auch horchten
Im Stillen, der Pastor bekam niemals seinen Willen.
Zuletzt mischt der Rat der Gemeinde sich ein
Und spricht offiziell: „Die Tat war gemein.
Das kann so nicht bleiben und darf so nicht sein.
Der Söhlder Pastor soll uns verzeih´n.
Wir wollen dem missbrauchten Talar ein Holzanteil weihen.
Die Söhlder Pfarre soll es behalten immerdar.“
Das war die Geschichte von dem missbrauchten Talar.
(12.04.1767 vier Tage
krank an Coliqie der Pastor Tölgmann zu Söhlde hat 3 Kinder alhier getauft)